Ein Artikel von Stefan Klemm, seit 19 Jahren im HR in diversen Rollen vom Sachbearbeiter, Experten, Führungskraft bis zu HR IT Projektleitung tätig sowie Co-Schulleiter mit über 25 Jahren Kampfkunsterfahrung in der Kampfkunstschmiede.
Mit den verschiedenen sozioökonomischen Krisen, welche wir in den letzten Jahren erleben, hat das Thema Resilienz im Rahmen des Strategischen Managements stark an Bedeutung gewonnen. In vielen Unternehmen findet spätestens seit der Covid-19 Pandemie eine verstärkte Auseinandersetzung mit dem Thema der organisatorischen sowie persönlichen Resilienz statt. Aber, was bedeutet Resilienz überhaupt?
Im Rahmen einer Zertifikatsarbeit zum CAS «Projektmanagment – Change und Transformation» habe ich mich vertieft mit dieser Thematik auseinandergesetzt und die Stressoren eines druckbelasteten Fachteams und deren Umgang damit analysiert.
Resilienz kurz erklärt
Das Konzept der Resilienz bedeutet, dass man seine seelische Gesundheit während schwieriger Zeiten wie Stress oder nach einem Trauma aufrechterhält oder schnell wiederherstellt. Verschiedene positive Eigenschaften, die sogenannten Resilienzfaktoren, helfen dabei, Krisen besser zu bewältigen. Nachdem man eine Krise gemeistert hat, passt man oft auch seine Herangehensweise an Probleme an. Eine dauerhaft stabile seelische Gesundheit trotz Stress ist oft das Ergebnis von Anpassungen, bei denen Menschen lernen, besser mit ihrer Umgebung umzugehen. Sogenannte Resilienzmechanismen sind dabei die erfolgreichen Methoden oder Strategien, die jemand nutzt, um schwierige Zeiten zu überstehen.
Es wird angenommen, dass bestimmte positive Eigenschaften, wie Optimismus und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, dabei helfen können, effektive Strategien zur Bewältigung von Krisen zu aktivieren. Diese Eigenschaften können dazu beitragen, dass man Situationen positiv bewertet, nicht überreagiert und flexibel bleibt, was wiederum den Wiederaufbau von persönlichen Ressourcen unterstützt – also hilft die eigenen Batterien wieder aufzuladen.
Wieso ist resilienz in der heutigen (Arbeits-)welt so relevant?
«Ohne Stress keine Resilienz» - so kurz und treffend hat es mein Dozent beschrieben. Und wie wir wissen, ist die heutige Arbeitswelt voll von Stress.
Technologischer Wandel, Digitalisierung, Automatisierung, Prozessverbesserung im Namen der immerwährenden Effizienzsteigerung sind bekannte Begriffe, welche bei der einen oder anderen Person bereits ein Gefühl von Unbehagen in Bauch- und Herzgegend auslösen.
Zu all dem kommt seit geraumer Zeit die «Agilität» zum Tragen, welche in vielen vor allem grösseren Unternehmungen gefordert und gefördert wird, um den unvorhersehbaren Veränderungen und komplexen Herausforderungen, welche den Markt heute bestimmt, zu begegnen.
Die hohe Flexibilität, welche in einem solchen Umfeld von den Mitarbeitenden gefordert wird, die Doppelbelastung aus mehr Leistung und mehr Verantwortung gepaart mit dem ständig dazulernen aufgrund der voranschreitenden Technologisierung lösen Stress und Ängste aus.
Mit welchen Resilienzfaktoren begegnet ein erfolgreiches Team diesen Herausforderungen?
Ziel der Arbeit war es die «Geheimnisse» hinsichtlich der Resilienz eines erfolgreichen 12-köpfigen Fachspezialistenteams zu lüften, welches in den letzten vier Jahren trotz hohem Druck und Arbeitsvolumen kaum Abgänge hatte. Aus der Befragung der einzelnen Teammitgliedern haben sich folgende Resilienzfaktoren und Strategien hierbei als die wichtig ergeben:
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Soziale Unterstützung innerhalb und ausserhalb des Teams
Das Teamgefühl wird von den Betroffenen als wichtigster Faktor für Resilienz gesehen, wobei gegenseitige Unterstützung und Vertrauen die Basis bilden. Die einzelnen Teammitglieder fühlen sich wertgeschätzt und durch die Stärken der anderen ergänzt, was zu einem ausgeglichenen und positiven Arbeitsklima beiträgt. Offene Kommunikation und gemeinsame Verantwortung stärken das Selbstwertgefühl und den Zusammenhalt. Die Führungskraft spielt eine unterstützende Rolle, indem sie Druck nimmt und Sicherheit gibt. Zusätzlich hilft der Austausch mit Menschen ausserhalb des Teams, um Druck abzubauen und neue Energie zu gewinnen.
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Selbstwirksamkeitserwartung und Aktives Coping
Die Befragten haben ein hohes Qualitätsbewusstsein und setzen hohe Standards für sich selbst, was zu Leistungsdruck führt. Fehler werden nicht als etwas Negatives ausgelegt, sondern als eine «Herausforderung, die es zu Meistern gilt». Hierbei helfen klare Zielsetzung und Fokus. Trotz erhöhtem Druck aufgrund der steigender Arbeitslast und neuen, unerprobten Systemen bleibt das Selbstbewusstsein stark, unterstützt durch gegenseitige Wertschätzung und Verständnis im Team. Ein offener Umgang zu Fehlern ohne Peinlichkeit stärkt das Selbstwertgefühl und fördern die Resilienz. Fehler werden akzeptiert, ohne sie zu verharmlosen und positiv aufgefangen, sowohl im Team als auch durch die Führungskraft.
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Körperliche Bewegung als Ausgleich
Alle Beteiligten haben angegeben, dass sie den Ausgleich zu der eher kopflastigen Arbeit im Rahmen einer körperlichen Aktivität als wichtig erachten. Die angestaute Energie über körperliche Bewegung entweichen zu lassen, scheint für die meisten sehr relevant. Hierbei reicht die Palette vom einfachen Spaziergang über Mannschaftssport, Kraft- und Ausdauersport bis hin zu bewegten Meditationsformen wie Qi Gong.
Und was ist das Fazit daraus?
So manche Person, welche sich ebenfalls vertieft mit dieser Thematik auseinandersetzt, wird feststellen, dass heutige Studien diese Erkenntnisse stützen.
Bemerkenswerte ist, dass alle Beteiligten sich bereits im Vorfeld aktiv mit ihren Stressoren und ihren Strategien auseinandergesetzt haben. Die eigene Reflexion dieses Themas überhaupt scheint der Schlüssel.
Wenn ich diese Erkenntnisse weiter auf mich persönlich beziehe, kann ich erkennen, dass mein privates Umfeld und vor allem das praktizieren von Kampfkunst und Kampfsport seit meiner Kindheit eine sehr relevante Rolle hinsichtlich meiner Resilienz spielen. In der Kampfkunst bzw. dem Kampfsport erkenne ich folgende Vorteile:
- Kampfkunst und Kampfsport fördert mentale Stärke, Disziplin, emotionales Wohlbefinden sowie die Bewältigung von Ängsten und Herausforderungen in dem man in einer geschützten Umgebung immer wieder mit diesen konfrontiert wird und dabei lernt diese in seinem eigenen Tempo zu beherrschen bzw. zu «meistern».
- Kampfkunst und Kampfsport kann man nur sehr schlecht allein trainieren. Man gibt sich in ein soziales Netzwerk und arbeitet mit anderen an sich und seinen Fähigkeiten. Der soziale Austausch wird gefördert und man übt so das Reflektieren.
- Das möglichst exakte Kopieren von Bewegungsabläufen im Rahmen von Formen oder Katas und die ständige «Selbstüberwachung» der eigenen Bewegungen fördert und verbessert die Achtsamkeit und Konzentration.
- Körperliche Aktivität im Allgemeinen wird in der Kampfkunst bzw. dem Kampfsport gefördert. Bei Arbeit an Pratzen und Sandsack wird nebst dem Verbessern des Durchhaltevermögens, der Schnelligkeit und Kraft auch der Stress auf eine ganz befriedigende Art und Weise abgebaut, was sich wiederum positiv auf das emotionale Gleichgewicht auswirkt.
- Und zu guter Letzt: Spass! Das Training macht einfach Spass und die positiven Effekte dieser Emotion sind vermutlich jedem klar.